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NRF2 und Sirtuine – Fasten fördert zelluläres Detox

Altern geht mit Telomerverkürzung und Akkumulation von intrazellulären und extrazellulären Abfällen einher. Der Schlüssel: Autophagie! Die Abkürzung: NRF2-Aktivatoren wie Brokkolisprossen und SIRT-Food.

zelluläre Müllabfuhr mit Fasten und Autophagie

Fastenzeit ist Entgiftungszeit

Fastenzeit ist Entgiftungszeit. Für viele steht dabei die Leber im Zentrum. Sie kann durch eine Kombination von Antioxidantien und körpereigenen Entgiftungsmolekülen wie Glutathion, alpha-Liponsäure und Taurin unterstützt werden. Auch Extrakte aus Mariendistel sind langjährig etabliert. Heute ist bekannt, dass Silymarin als Radikalfänger fungiert und durch einen Membran-stabilisierenden Effekt der Hepatozyten einen protektiven Effekt entfaltet, während zusätzlich durch Hochregulation bestimmter Reparaturenzyme die Regeneration bereits geschädigter Zellen beschleunigt wird. Cynarin aus Artischocken wirkt ebenfalls antioxidativ und lindert zusätzlich dyspeptische Beschwerden.

Obwohl Autophagie also zunächst als „Überlebensprogramm“ erscheint, übernimmt es physiologische Schlüsselfunktionen im gesunden Altern. Die Autophagie kann als zelluläres Qualitäts-Kontroll-System verstanden werden, das geschädigte Proteine entfernt. Sie wirkt präventiv in Bezug auf neurodegenerative Erkrankungen ebenso wie Kardiomyopathie, Diabetes, Lebererkrankungen, Autoimmunerkrankungen sowie Krebs. Umgekehrt werden Störungen der Autophagie heute mit Krankheiten wie Parkinson, Typ-2-Diabetes und vielen weiteren Erkrankungen in Verbindung gebracht. Als selbst-degradierender Prozess wird der Mechanismus der Autophagie streng kontrolliert.

Fasten ist wohl der bekannteste Weg, um die Autophagie anzuregen. Tatsächlich kommt es hierbei auch zu einem deutlichen Anstieg von Sirtuin SIRT1. Sirtuine sind eine bestimmte Enzymgruppe. Als NAD-abhängige Histon-Deacetylasen sind sie in der Lage, Acetylgruppen von zahlreichen Proteinen wie p53, FOXO, PPAR-gamma, PGC-1alpha oder NF-kB abzuspalten. Dies gilt als Impuls für den Aufbau neuer Proteine, eine beschleunigte Verstoffwechselung von Nährstoffen sowie die Aktivierung verschiedener Schutz- und Reparaturmaßnahmen des Körpers. Neuere Studien zeigen nun, dass Sirtuine die Autophagie regulieren. SIRT1 ist beispielsweise in der Lage, direkt mit verschiedenen Autophagie-Proteinen zu interagieren, sie zu deacetylieren und die Autophagie anzuregen. Im menschlichen Körper wurden bisher sieben Unterformen identifiziert. SIRT1 kann dadurch Zellproliferation und -wachstum, aber auch Entzündungen sowie den Aufbau neuer Proteine kontrollieren, verbessert die Insulinsensitivität und Glukosestoffwechsel.

Quelle zur Abb. 01: The regulation of autophagy by SIRT1 under calorie restriction

Sirtuine werden jedoch nicht nur durch einen niedrigen Insulinspiegel, Nahrungskarenz und Hungerphasen aktiviert, sondern offensichtlich auch durch bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe. Die gute Nachricht: Es gibt eine Abkürzung! Sogenanntes „Sirt-Food“ simuliert ein Kaloriendefizit von 20 bis 40 % und soll einen ähnlichen Effekt erzielen wie Fasten – und damit nicht nur Krankheiten vorbeugen, sondern möglicherweise sogar lebensverlängernd wirken. Darüber hinaus können Sirtuine direkt NRF2 stimulieren und fördern über diesen Weg zusätzlich antioxidative Prozesse.

Die am besten untersuchten SIRT-Modulatoren umfassen Polyphenole. SIRT-Modulatoren sind beispielsweise Birds-Eye-Chili, Rucola, Blaubeeren, Buchweizen, Kapern, Kaffee, dunkler Schokolade (85% Kakao), extra-virgin Oliven-Öl, Kohl, grünem Matcha-Tee, Brokkoli, Walnüssen, Rotwein und Zwiebeln. Die Daten weisen darauf hin, dass die enthaltenen SIRT-aktivierenden Substanzen an SIRT binden und durch eine Konformationsveränderung zu einer beschleunigten Substrat-Bindung und damit Aktivierung führt. Pflanzen-basierte und SIRT-food-reiche Mahlzeiten scheinen pleiotrope Effekte auf unsere Gesundheit auszuüben. Brokkoli-Sprossen enthalten beispielsweise im Vergleich zu Brokkoli ein 10 bis 100-fachen Gehalt des wirksamen Inhaltsstoffs Sulforaphan. Sulforaphan ist gleichzeitig auch ein NRF2-Aktivator. Wenn durch die Ernährung nicht täglich in ausreichender Menge SIRT-und NRF2-aktivierende Nahrungsmittel verzehrt werden, können Nahrungsergänzungsmittel mit beispielsweise Brokkolisprossenextrakt möglicherweise einen Benefit leisten. Diese wirken positiv auf die Autophagie, antiinflammatorisch und unterstützt die Entgiftung – und das ist nicht nur jetzt zur Fastenzeit wichtig. Sondern wenn es um gesundes Altern geht, dann ein Leben lang.

Quellen: Schmidt, Lang, Heckmann: Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie, 31. Auflage, Springer-Verlag

Sirtfoods: New Concept Foods, Functions, and Mechanisms

Press release

Mechanisms and disease implications of sirtuin-mediated autophagic regulation

Allerdings sollten wir auch an zelluläres Detox denken, um intra- und extrazellulär akkumulierten Zellmüll aufzuräumen. Glücklicherweise aktiviert Fasten die Autophagie oder Autophagozytose, unsere „zelluläre Müllabfuhr“. Als solche wird der körpereigene Prozess in Zellen bezeichnet, bei dem eigene Bestandteile abgebaut und verwertet werden. Der Name leitet sich aus dem Griechischen ab („auto“ = selbst und „phagein“ = essen). Für die Entdeckung der molekularen Mechanismen der Autophagie erhielt der japanische Forscher Yoshinori Ösumi 2016 sogar den Nobelpreis für Medizin. Autophagie ist eins unter zahlreichen ausgeklügelten Systemen, um mit Noxen, Stress und Nahrungsknappheit umzugehen.

Die Autophagie nimmt eine wesentliche Rolle sowohl bei Stress als auch bei Nährstoffmangel ein, da durch Zell-Recycling innerhalb kürzester Zeit Energie bereitgestellt werden kann. Es ist damit eins von verschiedenen ausgeklügelten Systemen, um die metabolische Zell-Homöostase aufrechtzuhalten. Darüber hinaus werden durch Autophagie fehlgefaltete oder aggregierte Proteine sowie geschädigte Organellen wie Mitochondrien, endoplasmatisches Retikulum und Peroxisomen abgebaut und beseitigt. Nach Infektionen können über diesen Mechanismus zusätzlich intrazelluläre Erreger eliminiert werden.

Kurzum: Sirtuine kontrollieren Metabolismus sowie Alterungsprozesse und schützen – ebenso wie Autophagie – die Zelle vor Umweltstress und bei Nährstoff-Mangel. Sie wirken sich protektiv auf zahlreiche Stoffwechsel- oder altersbedingte Erkrankungen aus, wie Krebs, neurodegenerative oder kardiovaskuläre Erkrankungen.

Fasten hat molekularbiologisch aber noch weitere Effekte: Ein niedriger Insulinspiegel, der durch Hungerphasen erzielt werden kann, führt auch zur Transkription von sogenannten FOXO-Targetgenen, wodurch Antioxidantien wie die Superoxid-Dismutase und Katalase vermehrt synthetisiert werden. Auch mTOR spielt bei Autophagie eine wesentliche Rolle. Die Kinase steuert Zellwachstum und mitochondrialen Metabolismus je nach Nährstoffangebot und Hormonsignalen. Insulin aktiviert mTOR. In Studien wirkte sich eine Reduktion der mTOR-Aktivität lebensverlängernd aus.

Zusammengefasst führt also niedriges Insulin, eine Depletion der Blutglucose- und/oder Aminosäure-Pools zu einer Aktivierung der Energie-Sensoren AMPK, SIRT1 und/oder Hemmung von mTOR. Diese regen die Autophagie über komplizierte biochemische Prozesse auf Effektorebene über Hochregulierung von FOXOs beziehungsweise Deacetylierung und damit Herabregulierung von p53 an und üben zahlreiche positive gesundheitliche Effekte aus.

Quelle zur Abb. 02: Sirtfoods: New Concept Foods, Functions, and Mechanisms