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Ist unsere Ernährung noch artgerecht?

In Kürze: Nein – zumindest aus evolutionärer Sicht.

Prof. Dr. Vormann erklärt in seinem Vortrag “”Wird die heutige Ernährung, aus Sicht der Evolution, uns Menschen gerecht?” die Auswirkungen von Umwelttoxinen und auf welchen Ebenen Entgiftung stattfindet. Seine wichtigsten Kernbotschaften lesen Sie hier zusammengefasst.

Ernährung im Verlauf der Evolution

„Was immer der Vater einer Krankheit gewesen ist – die Mutter war eine schlechte Ernährung!“

Mit dieser chinesischen Weisheit leitet Prof. Dr. Jürgen Vormann seinen zweistündigen Online-Vortrag rund um moderne Ernährung ein. Der Ernährungswissenschaftler ist Professor für Biochemie und Molekularbiologie und beschäftigt sich seit jeher mit dem Einfluss von Ernährung und Mikronährstoffen auf unsere Gesundheit.

„Das Problem ist, dass wir genetisch immer noch auf der Ebene der Jäger und Sammler sind“, schildert er das Dilemma der modernen Ernährung. Denn verglichen mit 300 000 Generationen als Jäger und Sammler sind zehn Generationen seit Industriealter und nur zwei Generationen hochgradig verarbeiteter Lebensmittel vernachlässigbar kurz. „Seit dieser Zeit hat sich extrem wenig an unserem Genpool verändert und das bedeutet, dass unsere physiologischen und biochemischen Prozesse exakt auf die Lebens- und Ernährungsbedingungen der Steinzeit ausgerichtet sind.“ Diese unterscheiden sich fundamental von unserem gegenwärtigen Leben.

 

Gemäß einer Untersuchung von Cordain et al führte die westliche Ernährung sowie die Verarbeitungsmethode der Lebensmittel in Jungsteinzeit und Industriezeitalter zu 7 wesentlichen Veränderungen:

1) Glykämische Last
2) Fettsäure-Zusammensetzung
3) Zusammensetzung der Makronährstoffe
4) Dichte der Mikro-Nährstoffe
5) Säure-Basen-Gleichgewicht
6) Natrium-Kalium-Verhältnis
7) Ballaststoffgehalt

Quelle: pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15699220/

Optimierung des antioxidativen Systems

Ein Orchester von Antioxidantien

Auch in Bezug auf die Entgiftung bleiben Azidosen im extrazellulären Bereich nicht ohne Folge: Einerseits leidet die Wirksamkeit von Entgiftungsenzymen und die Toxin-Ausscheidung, andererseits entstehen vermehrt freie Radikale. Oxidativer Stress spielt bei zahlreichen Erkrankungen wie auch Alterungsprozessen eine wesentliche Rolle.

Klassische Antioxidantien wie Vitamin C, Vitamin E oder Flavonoide wirken als Radikalfänger. Ebenfalls zu dieser Gruppe zählen Glutathion, alpha-Liponsäure sowie Harnsäure und Bilirubin. „Harnsäure ist das wichtigste Antioxidans, das wir haben“, erinnert Vormann an die physiologische Funktion im Stoffwechsel. Im Idealfall liege die Harnsäure dabei gerade so hoch, dass wir nicht an Gicht erkranken. Statt freie Radikale abzufangen, können einige Enzyme die Bildung freier Radikale hemmen. Sie werden als präventive Antioxidantien bezeichnet. Die Superoxiddismutase, Katalasen sowie die Glutathionperoxidasen sind Beispiele dafür.

72 Prozent der Kalorien unserer heutigen Ernährung beziehen wir aus Nahrungsmittelgruppen, die dem Steinzeitmenschen überhaupt nicht zugänglich waren, nämlich Milchprodukte, Getreide, raffinierter Zucker, raffinierte Pflanzenöle sowie Alkohol. Vormann resümiert: „Wir ernähren uns definitiv nicht so, wie wir es eigentlich sollten.“

Zusätzlich hat sich die Belastung mit Toxinen und Umweltbelastungen in den letzten zwei bis vier Generationen um ein Vielfaches zugenommen. Zwar besitze der Körper verschiedene Entgiftungsmechanismen. Diese seien jedoch evolutionär weder für eine derartige Dauerbelastung noch für beispielsweise Pestizide, Chemikalien und Mikroplastik vorgesehen, weist der Wissenschaftler auf die Problematik hin.

Bei Entgiftung seien drei Ebenen zu unterscheiden:

  • Zelluläres Detox: Entgiftung Phase I – III sowie Autophagie
  • Detox des Bindegewebes: Azidoseausgleich im Interstitium und extrazellulärer Matrix
  • Detox des Verdauungstraktes.

Wie wichtig der richtige pH-Wert im Blut ist, ist hinreichend bekannt. Die Regulation der extrazellulären Matrix wurde hingegen lange vernachlässigt. Bei zu säurehaltiger Ernährung, hoher körperlicher Aktivität, chronischen Entzündungen oder auch Fastenkuren, in denen zwangsweise vermehrt Säuren anfallen, wird das Basendefizit beispielsweise durch Entmineralisierung des Knochens ausgeglichen. Im Knorpel führt eine latente extrazelluläre Azidose zu Strukturveränderungen und -starre, da die Wasserbindungskapazität direkt mit der negativen Ladung von Substanzen wie Chondroitinsulfat und Hyaluronsäure korreliert. Mittlerweile belegen Studien eine erhöhte Schmerzwahrnehmung bei latenter Azidose wie umgekehrt auch einen analgetischen Effekt bei alkalischer Mineraliensupplementierung bei Rheumatoider Arthritis. Hierfür ist allerdings eine Einnahmedauer von mindestens zwei bis drei Monaten erforderlich. Da anschließend eine gewisse Pufferkapazität im Gewebe besteht, hält der Effekt auch einige Zeit nach dem Absetzen an. Positiv auf den Säure-Base-Haushalt wirkt sich beispielsweise die Supplementierung von Calciumcitrat und/oder Magnesiumcitrat aus. Magnesiumcitrat unterstützt zudem die Toxinausleitung im Darm durch Beschleunigung der Darmpassage. Es ist von großer Bedeutung, dass eine regelmäßige Stuhlentleerung stattfindet, damit toxische Metabolite, die im Rahmen der Fäulnisprozesse im Darm entstehen, schnellstmöglich ausgeschieden werden.

Außerdem gibt es Reparatur- und de-novo-Antioxidantien, wie DNA-Reparatur-Enzyme, Lipasen und Proteasen. Enzyme sind genetisch determiniert. Zwar können Menschen nichts an ihrer Genetik verändern, sie sind ihr aber nicht schutzlos ausgeliefert. Denn ihre maximale Aktivität hängt stets von einer optimalen Verfügbarkeit entsprechender Cofaktoren ab: Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Laut Experten kommt es also nicht nur auf Vitamin C allein an: „Wir brauchen ein Orchester von Antioxidantien! Eine einzelne Geige reicht uns nicht.“ Ein guter Weg, um diese zuzuführen, ist die Ernährung. „Das Problem: In der Pflanze müssen erstmal Antioxidantien hergestellt werden – und dazu muss die Pflanze stimuliert werden. Das geschieht üblicherweise über die Sonne.“ Kurzum: Freiland-produzierte Nahrungsmittel haben einen höheren Gehalt an Antioxidantien als jene aus dem Gewächshaus. Kann man das der Pflanze ansehen? Leider nein.

Auch unser Körper reagiert auf oxidativen Stress und freie Radikale, indem der Transkriptionsfaktor NRF2 aktiviert wird. Er reguliert die zelluläre Abwehr gegen toxische und oxidative Schädigung durch die Expression entsprechender Gene. Diese schützen uns vor oxidativem Stress und unterstützen Entgiftungsprozesse. Die Halbwertszeit von NRF2 beträgt nur etwa 20 Minuten. „Man weiß mittlerweile, dass eine ausreichende Aktivität von NRF2 die Lebensqualität und -erwartung erhöht und Alterskrankheiten entgegenwirkt“, fasst Vormann die aktuelle Datenlage zusammen. „Es gibt viele verschiedene NRF2-Aktivatoren.“ Da diese hauptsächlich über die Ernährung zugeführt werden, lautet die gute Nachricht: wir können dieses System aktiv beeinflussen! Vormann erklärte detailliert die Zusammenhänge zwischen Insulinfreisetzung, Sirtuinen, mTOR und Autophagie und zeigt Wege auf, die Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen. Genaueres über Autophagie, Sirtuine (Atophagie/Sirtuine) und wie kleine Interventionen wie kochsalzarme Ernährung (Hypertonie) die Gesundheit positiv beeinflussen können, haben wir in weiteren Newsletter-Beiträgen für Sie zusammengefasst.

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