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Insomnie aus ganzheitlicher Sicht

Mikronährstofftherapie statt Sedativa

Schlaf ist kein Luxus, sondern Bindeglied zwischen Immunsystem und Entzündung. Ob Nervenkostüm, Infektrate oder sogar höheres Demenz- und Mortalitätsrisiko: Schlafstörungen bleiben nicht ohne Folgen. Erfahren Sie mehr über die antiinflammatorischen Effekte von Melatonin sowie die Vorteile von 5-Hydroxytryptophan, Magnesium und B-Vitaminen.

Melatonin für Gesundheit und Heilung

Schlaf und Melatonin: Schlüssel zur Regeneration und ganzheitlichen Ansätzen

Schlaf ist überlebenswichtig: Einerseits finden zahlreiche regenerative und restaurative Prozesse nachts statt, wie beispielsweise die Ausscheidung von Stoffwechselprodukten wie Amyloid durch das glymphatische System oder mentale Konsolidierungsprozesse. Andererseits bestehen enge Zusammenhänge zwischen Schlaf sowie Immunfunktion und Entzündung. Leider ist Schlaf sehr störanfällig. Durch die bidirektionalen Zusammenhänge können durch Insomnie nicht nur negative Kaskaden wie Inflammation weiter verstärkt werden (Circulus vitiosus), sondern eine Verbesserung der Schlafqualität kann umgekehrt eine wichtige Säule in der Therapie darstellen und sollte unbedingt Teil eines ganzheitlichen Therapiesystems sein.

Melatonin für Gesundheit und Heilung

Inflammation beeinflusst Schlaf

Während des Schlafs kommt es üblicherweise zu einem Absinken von Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin mit einem Tiefpunkt in der ersten Nachthälfte, während Growth-Hormon und Prolaktin ansteigen. Interleukin-1 und Tumor-Nekrose-Faktor fördern beispielsweise in niedriger Konzentration den Non-REM-Schlaf. Höhere Dosen, wie sie während einer Infektion oder silent inflammation vorkommen, hemmen hingegen den REM-Schlaf und beeinträchtigen die Schlafqualität (The Sleep-Immune Crosstalk in Health and Disease). Eine Kohortenstudie aus 2020 mit 4050 Menschen konnte zeigen, dass bereits 5% weniger REM-Schlaf die Gesamt-Mortalität um 13% erhöht (Association of Rapid Eye Movement Sleep With Mortality in Middle-aged and Older Adults).

Zudem führt chronische Schlafdeprivation zu einer eingeschränkten Immunabwehr. Studien zeigen beispielsweise eine sofortige Verringerung der Aktivität der natürlichen Killerzellen nach nur einer Nacht mit 4 Stunden Schlaf (Partial sleep deprivation reduces natural killer cell activity in humans). Das ist nicht nur im Labor messbar, sondern tatsächlich klinisch relevant, wie ein gewagter Versuch zeigte: Hierbei verabreichten Forscher 153 gesunden Probanden unter kontrollierten Bedingungen Nasentropfen mit Rhinoviren. Probanden mit weniger als 7 Stunden Schlaf pro Nacht entwickelten fast 3x häufiger eine Erkältung als jene Probanden, die in den 2 Wochen zuvor 8 Stunden oder mehr geschlafen hatten (Sleep habits and susceptibility to the common cold).

Melatonin – Antioxidative und antiinflammatorische Wirkungen

Melatonin wirkt antiinflammatorisch

Auf molekularer Ebene sind die Zusammenhänge zwischen Viren wie SARS-COV2, oxidativem Stress, Gewebeschädigung und Gerinnung mittlerweile gut untersucht. Um das Einschlafen zu unterstützen, hat sich der Einsatz von dem körpereigenen Hormon Melatonin bewährt. Es wirkt jedoch nicht nur als Schlafhormon! Melatonin greift an verschiedenen Punkten der Signalkaskaden ein und entfaltet pleiotrope Effekte (siehe Grafik) als starkes Antioxidans mit zusätzlich antiinflammatorischer und anti-apoptotischer Wirkung. Bei Multipler Sklerose konnte z.B. gezeigt werden, dass Melatonin die Level von Katalase, Superoxid-Dismutase, Glutathion-Peroxidase und Glutathion erhöhen konnte (Melatonin and multiple sclerosis: antioxidant, anti-inflammatory and immunomodulator mechanism of action). In einer randomisierten kontrollierten Studie konnten bereits 3 mg täglich bei Multipler Sklerose nach zwölf Wochen die Fähigkeit im Gehen verbessern (12-week melatonin supplementation improved dynamic postural stability and walking performance in persons living with multiple sclerosis: A randomized controlled trial).

Melatonin übt seine Wirkung über G-Protein-gekoppelte Melatonin-Rezeptoren (MT1-3) aus. Es wird 20 bis 30 Minuten vor dem Schlafen zugeführt und verkürzt die Einschlafdauer. Da es eine wichtige Rolle für den Schlaf-Wach-Rhythmus übernimmt, unterstützt es bei Jetlag-Symptomatik die Resynchronisierung. Betarezeptorenblocker, die zur Behandlung kardialer Erkrankungen eingesetzt werden, können die Melatonin-Freisetzung hemmen. Auch hier kann Melatonin eine sinnvolle Ergänzung darstellen.

Gut zu wissen:
Auch bei regelmäßiger externer Zufuhr wird die endogene Synthese davon nicht beeinträchtigt. Denn seine Freisetzung wird hauptsächlich durch äußeren Lichteinfluss reguliert. Bei Dämmerung und Dunkelheit erfolgt eine geringere Stimulierung der Photorezeptoren, die dann über den suprachiasmatischen Nucleus und Betarezeptoren in einer verstärkten Melatoninsynthese und -freisetzung an der Zirbeldrüse auslöst. Wird Melatonin als Antioxidans eingesetzt, wählen Therapeuten teilweise hohe Dosierungen. Auch hier gibt es Entwarnung: Bei hohen Konzentrationen kann es zwar kompensatorisch zu einer Rezeptor-Desensibilisierung oder Internalisierung der MT1-3-Rezeptoren kommen. Dieser Effekt ist allerdings nur transient (8-24 h).

Schlaf – Stress – Inflammation

Schlafqualität verbessern!

Bei unterschwelliger Inflammation, Stress und subklinisch erhöhten proinflammatorischen Zytokinen kann das Enzym IDO hochreguliert werden. IDO (=Indolamin-2,3-Dioxygenase) nimmt als Regulator des Tryptophan-/Kynurenin-Stoffwechsels eine Schlüsselrolle für Schlafen und Stimmung ein. Stark vereinfacht, fördert IDO den Tryptophan-Abbau und hemmt so die Serotonin- und Melatonin-Synthese. Darüber hinaus fällt bei einer erhöhten IDO-Aktivität zusätzlich die neurotoxische Quinolinsäure und beispielsweise 3-Hydroxy-Kynurenin an. Schlafstörungen wiederum verschärfen durch vermehrte Freisetzung von IL-6 und weiteren proinflammatorischen Zytokinen die Stoffwechsellage – ein Teufelskreis entsteht.

In diesen Fällen können Patienten – neben antiinflammatorischen Therapiekonzepten – von der Einnahme von 5-Hydroxytryptophan profitieren, um die Schlafqualität und -effizienz zu unterstützen. Es dient als Vorstufe für Melatonin und Serotonin. Da hierfür auch Cofaktoren wie Magnesium und B-Vitamine benötigt werden, hat sich bei Schlafstörungen insbesondere eine Kombination von 5-Hydroxytryptophan mit Magnesium und den relevanten Cofaktoren bewährt. Zusätzlich kann Melatonin neben der schlafanstoßenden Wirkung einen Beitrag als antiinflammatorisches Antioxidans leisten. Auch inhibitorische Aminosäuren wie Glycin oder der körpereigene Stoff GABA können oral unterstützen. Letzteres wirkt über sogenannte Neuropods über die Darm-Hirn-Achse ebenfalls beruhigend.

Zusammenfassend profitiert jeder Patient mit Schlafstörungen von einer wirksamen Therapie. Sie ist nicht nur symptomatisch, sondern durchbricht den Teufelskreis aus Inflammation und gestörter Melatonin-Synthese und stellt eine wichtige Stellschraube dar, um die Immunfunktion zu regulieren.