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Aus der Praxis für die Praxis:
Die Rolle der Mikronährstoffe bei Allergien!
Ein praxisorientiertes Interview mit Dr. med. Gerrit Sütfels, Facharzt für ganzheitliche Medizin und Buchautor.

Interview mit Dr. Sütfels
Liebe Leser:innen,
Im folgenden Interview mit Dr. med. Gerrit Sütfels, einem erfahrenen funktionellen Mediziner und Buchautor (Buch: Allergien? Ohne mich!), tauchen wir tief in das Thema Allergien ein und erfahren, wie Mikronährstoffe, ganzheitliche Ansätze und Naturheilkunde eine entscheidende Rolle bei der Behandlung von Allergien spielen können.
Viel Freude beim Lesen und bleiben Sie gesund!
Ihr Team der Kyberg Vital
Interview mit Dr. Sütfels
Kyberg Vital: Welche Rolle spielen Mikronährstoffe bei Allergien?
Dr. Sütfels: In der konventionellen Medizin leider gar nicht. Aber in der funktionellen Medizin spielen sie eine große Rolle – und ich bin davon überzeugt, dass ich mit Mikronährstoffen die Intensität und Dauer von allergischen Reaktionen einschließlich Asthma, Neurodermitis und Heuschnupfen reduzieren kann. Patienten brauchen außerdem weniger konventionelle Medikamente.
Kyberg Vital: Aus ganzheitlicher Sicht: Was ist Allergie überhaupt?
Dr. Sütfels: Ich finde drei Stellschrauben wichtig, an denen zugleich die Therapie ansetzt:
Allergie ist eine Fehlsteuerung des Immunsystems. Hierbei gerät das Th1-/Th2-System aus der Balance in Richtung einer Th2-Dominanz. Das zweite ist eine gestörte Histaminfreisetzung, was natürlich eine Folge von Ersterem ist. Histamin ist abhängig von verschiedenen Faktoren – ob Histaminintoleranz, Mastzellaktivierungssyndrom, Leaky Gut oder bei Menschen mit chronischem Stress und dadurch bedingter vermehrter Histamin-Wirkung.
Die dritte wichtige Stellschraube ist eine Barrierestörung der Darmschleimhaut beziehungsweise an Darm-Haut-Achse oder der Darm-Lungen-Achse, bei denen es zu Störungen kommen kann. Ich finde es interessant, dass man mittlerweile von einem Haut-Schleimhaut-Organ spricht, das wie ein eigenes Organsystem agiert. Das System ist hochkomplex. Bei Allergien wird das gesamte System fehlreguliert, wobei wir die Schleimhäute im Darm beispielsweise über das intestinale Mikrobiom sehr gut beeinflussen können. Darüber können wir indirekt auch auf die Schleimhäute anderer Organe, wie beispielsweise der Lunge, einwirken.
Kyberg Vital: Bei Allergie ist Vitamin C in aller Munde. Zu Recht?
Dr. Sütfels: Ungefähr 30 Prozent der Deutschen haben nach der Nationalen Verzehrstudie eine unzureichende Aufnahme – dabei sind die Empfehlungen ohnehin sehr niedrig angesetzt und spiegeln gar nicht die Bedarfs-Situation wider, wenn Menschen im Dauerstress sind. Vitamin C senkt unmittelbar Histamin, indem der Abbau angekurbelt wird. Prophylaktisch würde ich 1000 mg pro Tag empfehlen, akut rund 2000 mg. Bei Nierensteinen gebe ich oral kein Vitamin C – zur Sicherheit.
Sind Patienten komplett in einem Allergieschub, bei dem auch konventionelle Mittel wie etwa Cortison-Nasenspray und Antihistaminika nicht mehr helfen, dann geben wir Vitamin C als Hochdosis-Infusion mit 7,5 g gemeinsam mit Zink. Nach zwei bis drei Infusionen kommen die meisten Patienten wieder gut aus dem Allergieschub heraus, sodass die konventionelle Medizin wieder wirkt.
Kyberg Vital: Wie können wir das Immunsystem bei Allergie zusätzlich unterstützen? Was halten Sie in diesem Zuge von Quercetin oder Zink?
Dr. Sütfels: Quercetin ist ein schöner Mastzell-Stabilisator, reduziert die Histamin- und IgE-Freisetzung und hemmt die Eosinophilen. Außerdem reduziert es den Th2-Überhang. Zusammengefasst verbessert Quercetin die ganze immunologische Fehlregulation. Ich gebe gerne 500 mg Quercetin am Tag. Es gibt Untersuchungen, dass die Einnahme bis 2000 mg sicher ist. Natürlicherweise ist es beispielsweise in Apfelschalen und in verschiedenen Gemüsesorten wie der roten Zwiebel und Kapern enthalten.
Zink würde ich auf jeden Fall bei Neurodermitis und insbesondere bei Hauterkrankungen einsetzen. Bei einem Allergiker prüfe ich zunächst mit einer Vollblutmessung, ob ein intrazellulärer Zinkmangel vorliegt. Um diesen auszugleichen, dosiere ich mindestens 15 bis 30 mg Zink. Prinzipiell ist Zink auch zur Mitbehandlung einer Darmsanierung wichtig.

Interview mit Dr. Sütfels
Kyberg-Vital: Woher wissen Patienten, dass eine Darmbarriere-Störung vorliegt?
Dr. Sütfels: Ich würde prinzipiell eher davon ausgehen, dass ein Allergiker eine Darmbarriere-Störung hat. Aber man kann es natürlich in der Stuhlprobe über die Marker Zonulin und Alpha1-Antitrypsin genauer abschätzen. Bei der Barrierestörung, dem sogenannten Leaky-Gut-Syndrom, sind vor allem L-Glutamin und Probiotika empfehlenswert: Glutamin nährt das Darmepithel und ist besonders wichtig für die Wiederherstellung der Darmbarriere. Ich gebe 3 g Glutamin pro Tag. Das können Patienten ruhig längerfristig nehmen, also beispielsweise täglich ins Müsli geben.
Kyberg-Vital: Was können Patienten sonst noch tun?
Dr. Sütfels: Natürlich gibt es noch Therapieoptionen aus der klassischen Naturheilkunde, wie aus der Phytotherapie das Schwarzkümmelöl. Das finde ich am effektivsten und wirklich genial bei Allergien, denn es wirkt sowohl bei Heuschnupfen als auch bei Asthma. Patienten merken zügig innerhalb von Stunden oder wenigen Tagen einen Effekt. Es wirkt antihistaminerg und entzündungshemmend, senkt auch die Eosinophilen und reduziert die Th2-Antwort. Zusätzlich wirkt es stabilisierend auf die Schleimhäute, senkt den Hustenreiz und wirkt sogar leicht bronchodilatatorisch. Ich verordne in der Regel 2 x täglich 500mg. Es gab eine Studie, die sogar 3000 bis 6000 mg pro Tag verwendet – so hohe Dosen habe ich allerdings noch nicht ausprobiert. Ich empfehle Schwarzkümmelöl direkt zu Beginn der Allergiezeit und Patienten können es dann die ganze Saison durchnehmen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es ebenfalls gut bei Infekt-getriggertem Asthma hilft.
Ergänzend biete ich in meiner Praxis noch Akupunktur, Eigenbluttherapie oder auch Homöopathie an.
Kyberg Vital: Verraten Sie uns Ihren persönlichen Therapievorschlag in der Allergiesaison?
Dr. Sütfels: Natürlich! Vor Beginn der Allergiesaison würde ich prophylaktisch eine Darmsanierung mit einem Probiotikum und 3 Gramm Glutamin täglich durchführen. Ergänzend hierzu ist eine pflanzenreiche Kost ohne Reizstoffe bis hin zu einer antiallergischen Diät empfehlenswert. Was ich immer empfehle, ist auf Kreuzallergene in Nahrungsmitteln zu verzichten, also zum Beispiel Äpfeln bei der Birkenpollenallergie, um die Histaminausschüttung möglichst gering zu halten.
Bei Zinkmangel gilt es, diesen unbedingt auszugleichen. Ein Hinweis darauf ist beispielsweise Nagelbrüchigkeit. Ein bis drei Monate vor Beginn der Allergiesaison macht es Sinn, mit Quercetin zu starten. Beginnen die Pollen dann zu fliegen, empfehle ich Vitamin C mit 1000 mg und ab Beginn akuter Beschwerden zusätzlich Schwarzkümmelöl mit zweimal täglich 500 mg. Der Umfang der Therapie hängt dabei von der Schwere der Symptome ab. Denn jemand, der leichte Beschwerden hat, kommt vielleicht mit Schwarzkümmelöl aus und achtet zusätzliches etwas auf die Ernährung. Ein Patient mit stärkeren Beschwerden benötigt hingegen eine aufwändigere Therapie. Natürlich können und dürfen sie auch Antihistaminika nehmen, ob topisch oder oral! Die sind ja für die meisten Patienten relativ gut verträglich. Ich sehe die Therapie also als Stufenkonzept, die individuell an den Patienten angepasst wird.
Interview mit Dr. Sütfels
Zur Person:
Dr. med. Gerrit Sütfels ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit 2013 Leiter der Praxis für ganzheitliche Medizin in Düsseldorf. Seine Behandlungsschwerpunkte sind funktionelle Medizin, Naturheilkunde sowie Schmerztherapie. Inzwischen beschäftigt er dort neben zwei angestellten Ärzten auch eine Entspannungs- sowie Psychotherapeutin, um die ganzheitliche und Ursachen-fokussierte Therapie umsetzen zu können. Vor seiner Selbstständigkeit war er in der Klinik für Naturheilkunde in Essen unter Prof. Dr. Gustav Dobos tätig. 2023 veröffentlichte er das Buch „Allergien? Ohne mich! Der natürliche Weg zu einem beschwerdefreien Leben“ im Riva-Verlag ( Link: Allergien? Ohne mich! ). Zudem hat Dr. Sütfels seinen eigenen Youtube-Kanal (Link: Praxis für Ganzheitliche Medizin Düsseldorf ), in dem er Laien-verständlich über verschiedene Krankheitsbilder aufklärt.